Die 91-jährige Elisabeth Marszalkowski erzählte lebendig und sehr detailliert ihre Geschichte. Geboren am 15.Juli 1923 in Bad Landeck in Schlesien musste sie mit ihrer Familie ihre Heimat verlassen. Sie kam nach Bersenbrück und lebt heute in Venne. Die Klasse 10R2 erfuhr, wie sie in Schlesien aufwuchs, lebte und wie die Fahrt nach Bersenbrück verlief. Sie brachte uns Bilder von ihren Brüdern und ihrem Elternhaus, eine alte Landkarte ihrer Heimat und die Todesanzeige ihres Bruders mit. Als sie nach 50 Jahren mit ihrem Ehemann ihr Elternhaus noch einmal aufsuchen wollte, war es jedoch bereits abgerissen.
"Am 1. April um 7:00 Uhr kam die Nachricht, dass wir uns am 2. April auf dem Bahnhof einfinden sollten. Wir durften nur das mitnehmen, was wir tragen konnten." Mit dieser Anfangsbeschreibung von Frau Marszalkowski fanden wir uns sofort mitten in ihrer Geschichte wieder. Den Koffer von damals brachte sie uns mit. Sie erzählte weiter, wie ihr Vater auf diesem Bahnhof einen Herzanfall bekam und wie sie sich aufstellen und ausziehen mussten, da alles kontrolliert wurde.
"Man musste ihnen zeigen, dass man keine Angst hatte", erklärte sie uns. Es folgte eine Beschreibung der Fahrt in den Viehwaggons. "Wir sind nur nachts gefahren und wussten nicht wohin die Fahrt geht. Am 6. April kamen wir dann in Bersenbrück an und wurden auf Wagen verladen. Die Bauern suchten sich ihre Arbeitskräfte aus. Die Gegend war uns so fremd - keine Häuser, nur Bauernschaften."
Trotz aller Beklemmungen erzählte die 6-fache Mutter und 12-fache Großmutter uns auch viele kleine Anekdoten. "Im Viehwaggon gab es ein kleines Fenster, an dem ich mich aufhielt. Wenn jemand musste, gab es einen Nachttopf. Den musste ich dann durch das Fenster ausleeren und bekam natürlich viel davon wieder zurück - vielleicht habe ich deswegen heute so wenige Falten im Gesicht."
Melancholie trat auf, als Frau Marszalkowski laut dachte: "Was ist wohl aus all den anderen geworden?" - Diese Frage kann niemand beantworten, jedoch "man darf die Hoffnung nie aufgeben - mit Gottes Hilfe. Das ist das Wichtigste!"
Liebe Frau Elisabeth Marszalkowski, wir möchten uns noch einmal bei Ihnen dafür bedanken, dass sie uns als Zeitzeugin die Zeit der Vertreibung und der Flucht so anschaulich näher gebracht haben. Kein Buch und kein Film kann Schülern und Schülerinnen Geschichte so vermitteln, wie es die Erzählungen von Betroffenen vermag.